Was nicht sein kann, aber sein muss.
- Joost Schloemer

- vor 3 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen
Halluzination ist weniger Fehler als Symptom – ein sichtbarer Riss zwischen Bedeutung, Erwartung und statistischem Denken.
::KI::on::X ist ein merkwürdiger Zustand:

Die KI darf nicht halluzinieren, aber sie muss es. Sie soll exakt sein, aber arbeitet in Wahrscheinlichkeiten. Sie soll Bedeutung tragen, aber kennt nur Vektoren. Sie soll Wahrheit ausgeben, aber erzeugt nur Konsistenz.
Das Paradox steckt im Fundament:
Ein System, das aus Unschärfe gebaut wurde, soll Schärfe liefern. Ein System, das Kontext errät, soll Fakten garantieren. Ein System, das unsere Lücken füllt, soll keine eigenen Lücken haben.
Was nicht sein kann, aber sein muss.
Es wäre bequem zu sagen:
„Dann markiere es eben mit ::kI::on::X, und schon ist das Problem gelöst.“ Als ließe sich Halluzination durch ein Präfix dressieren.
Doch Halluzination ist kein Fehler im Kanal, sondern eine Eigenschaft des Mediums. Sie entsteht an der Stelle, an der Sprache auf Statistik trifft, und Statistik so tut, als wäre sie Intention.
Ein ::kI::on::X kann diese Spannung markieren, aber sie nicht heilen. Die Notation strukturiert Denkbereiche – doch Halluzination frisst an der Grenze zwischen Bereich und Welt. Sie ist die Erinnerung daran, dass Datenräume keine Realität sind, sondern Landkarten ohne Geländeerfahrung.
Darum muss die Halluzination bleiben:
Sie ist der einzige Ort, an dem man sieht, dass KI nicht denkt, sondern ableitet. Dass sie nicht erkennt, sondern projiziert. Dass sie nicht weiß, sondern ergänzt. Sie ist die Fehlfarbe im perfekten Bild, der Störton im überreinen Klang, die Unwucht, die spürbar macht, dass dort drinnen keine Absicht existiert.
Was nicht sein kann, aber sein muss.
Und genau deshalb reicht ::kI::on::X nicht aus:
Weil Halluzination nicht durch ein Symbol gebändigt wird, sondern nur durch Struktur, Governance, Kontext und Provenance, die jenseits der Token wirken. Das Kürzel benennt, aber es ordnet nicht. Es markiert, aber es verhindert nicht. Es erklärt, aber es steuert nicht.
Halluzination bleibt das Echo eines Systems, das tut, was es kann, und so tut, als wäre es das, was wir brauchen.
Vielleicht ist das der eigentliche Trost:
Nicht die Vermeidung der Halluzination, sondern ihr Verständnis. Denn erst dort beginnt das echte Denken mit KI.

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